Prof. Dr. Walter Hundt, Fichtenwalde


Erschienen in: WeltTrends, Nr. 72, Mai/Juni 2010, S. 141


Afghanistan – höchste Zeit!  (Rubrik „Briefe an die Redaktion“)


Reaktion auf die in Heft 71/2010 veröffentlichte Afghanistan-Erklärung ehemaliger (ost- und west-)deutscher Botschafter


Eine gute Gelegenheit, Vortragstätigkeit  mit der Werbung für „WeltTrends“ und für unsere Publikation „Die Babelsberger Diplomatenschule“ zu verbinden, bot sich mir anläßlich eines ausführlichen Vortrags zum Thema „Grundsätzliches und Aktuelles zur Situation in Afghanistan“, den ich im Rahmen  des monatlich sonntags stattfindenden Politischen Frühschoppens im Stadttheater Kamenz am 28.3.2010 halten konnte.

In die mehrstündige, ausgesprochen rege Diskussion ließ ich die Hauptgedanken der oben erwähnten Erklärung zur Lösung der Konfliktsituation im AfPak-Raum einfließen, die nach meiner Auffassung ein außerordentlich wichtiger Beitrag zur aktuellen internationalen Debatte darstellt und eine Vielzahl der derzeit konstruktivsten Überlegungen enthält. Die Diskussion mündete letztendlich in eine Willenserklärung der Tagungsteilnehmer.

In der Erklärung heißt es u.a.: “Wir unterstützen die Überlegungen ehemaliger deutscher Botschafter zur Regelung des Afghanistankonflikts und unterstreichen die Tatsache, daß der Verlauf der Ereignisse in der letzten Zeit verdeutlicht: der Krieg ist mit militärischen Mitteln nicht zu gewinnen! Die ursprünglichen Ziele wurden nicht erreicht und die sogenannten „neuen Strategien“ der USA und ihrer Verbündeten, darunter der Bundesrepublik Deutschland, sind gescheitert und sollen die Aussichtslosigkeit verschleiern. Dazu gehört auch die sogenannte „Afghanisierung“ des Krieges.“

Die Anwesenden hoben hervor: “Es ist genug gestorben!  Afghanistan und seine Menschen müssen ihren Weg gehen!“ Sie sprachen sich einmütig aus für die möglichst schnelle Beendigung aller Kampfhandlungen;  politisch-diplomatische Bemühungen um intensive Friedensverhandlungen, die auch auf die Verhinderung einer regionalen Ausdehnung der Kämpfe gerichtet sind; einen innerafghanischen Verhandlungsprozeß mit Hilfe der UNO und unter Einschluß  aller politischen, ethnischen und religiösen Kräfte ohne Vorbedingungen; ein neues UNO-Mandat auf der Basis der neuen Bedingungen und der afghanischen Spezifik, die bisher vielfach unbeachtet blieb; die Einbeziehung aller Nachbarstaaten und anderer mehr oder weniger neutraler Staaten der Region in die militärische Absicherung der Prozesse, darunter Indien, China, Rußland und arabische Staaten der OIC;  Abzug der gegenwärtig sich im Lande befindlichen ausländischen Truppen nach einem gegenseitig vereinbarten und von allen Seiten akzeptierten Zeitplan.